Wenn Mandanten „toter Mann“ spielen

Vor ein paar Monaten hatten wir schon einmal die Frage gestellt: „Sind Sie ein Steuerberater oder eine Bank„? In der Theorie fällt die Antwort zwar eindeutig aus, in der Praxis wird es aber schwieriger, wenn die Mandanten auf einmal das alte Kinderspiel „toter Mann“ wiederbeleben. Eine häufig gestellte Frage lautet: Wie geht man damit um?

Das schöne Leben der Konzernsteuerberater

Das Verhältnis von Syndikus-Steuerberatern zu selbstständigen Steuerberatern liegt ganzzahlig abgerundet bei 1:10. Oder in absoluten Zahlen: bei 5.596 zu 60.177 am 1. Januar 2017, so die Berufsstatistik der Bundessteuerberaterkammer.
Der Syndikus genießt dabei einige Vorteile, die dem Selbstständigen völlig unbekannt sind. Die Karriereleiter gehört dazu, immerhin kann bei der richtigen Planung und dem passenden Konzern irgendwann auch die Vorstandsposition als Chief Financial Officer (CFO) winken. Das regelmäßig und in planbarer Höhe eingehende Gehalt gehört ebenfalls zu den Vorteilen. Drittens gibt es auch so etwas wie feste Arbeitszeiten. Und schlussendlich zeichnen sich gerade Konzerne durch arbeitsteilige Strukturen aus, so dass angestellte Steuerberater sich voll auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können.

Andere Vorteile für Kanzleiinhaber

Bei Kanzleiinhabern dagegen lassen sich diese Punkte im Guten wie im Schlechten in die Extreme steigern. Das Bonmot von „selbst und ständig“ für Selbstständige lässt im Gegenzug den Freiraum für eine spontane Runde auf dem Golfplatz oder mit dem Motorrad. Welcher angestellte Konzernsteuerberater könnte sich dafür einen Nachmittag frei nehmen? Ein anderes Komfortmerkmal des freien Berufs als Steuerberater ist es, ein Mandat auch ablehnen zu können, während Angestellte weisungsgebunden sind.
Allerdings müssen sich Kanzleiinhaber von Anfang bis Ende auch selbst um ihre Honorare – und damit auch die monatlichen Einkünfte für den eigenen Lebensunterhalt – kümmern. Die Mandantenakquise gehört ebenso dazu wie das Stellen der Rechnungen und das Einfordern offener Posten. Das kann in Dürrezeiten an die Substanz gehen, gleichzeitig besteht bei gut laufenden Kanzleien ein ganz anderer Hebel als bei den Konzernkollegen.
Im Gegenzug müssen selbstständige Steuerberater aber auch büro-organisatorisch ganz anders begabt sein. Manche Dinge landen unweigerlich auf dem Chefschreibtisch und das Nachhaken bei offenen Honorarposten gehört sehr oft dazu. Das mag manchmal lästig sein und wird es ganz bestimmt, wenn Mandanten auf einmal „toter Mann“ spielen.

Am Telefon verleugnet

Dann geht die Rechnung raus und es passiert… genau gar nichts. Da sich der Steuerberater nichts Böses denkt, folgt ein ganz normales Erinnerungsschreiben. Und dann passiert… noch immer nichts.
„Unsere Zusammenarbeit basiert ja auf Vertrauen. Bevor ich die Tonart verschärfe, sollen meine Mitarbeiter freundlich nachtelefonieren. Das funktioniert vielfach, aber manchmal lassen sich die Mandanten schlicht verleugnen“, erzählte uns mal ein Steuerberater im Vertrauen. Das passiere auch, wenn er selbst anrufe.
Von solchen Fällen hören wir immer wieder. Da sind manche Mandanten stets Feuer und Flamme, wenn es um ganz, ganz dringende Aufgaben mit kurzen Fristen oder ganz, ganz große Summen geht. Wenn der Steuerberater Unterlagen braucht, werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, diese schnellstmöglich zu liefern. Sagt der Steuerberater „Spring“, fragen solche Mandanten umgehend: „Wie hoch?“
Geht es dann ans Bezahlen, finden sich immer wieder neue Ausreden. Aber wie damit umgehen? „Speziell bei langjährigen Mandaten ist es eine Gratwanderung, wenn sie urplötzlich auf Stumm schalten. Es kann ja Gründe geben und nur weil es einmal nicht läuft, muss ich ja kein gewachsenes Mandat riskieren, weil ich in kurzer Zeit eskaliere“, erklärte uns neulich ein Steuerberater.

Vier Optionen

Im Kern sehen wir vier Optionen, mit diesem Dilemma umzugehen:

  1. Nichts ändern. Das ist der Weg des geringsten Widerstands. Die Außenstände summieren sich und die böswilligen unter den Mandanten nutzen diese Laissez-faire-Haltung weiterhin aus. Wir raten dringend davon ab.
  2. Grundsätzlich Vorkasse. Kann man machen, vermittelt aber ein schlechtes Bild – weil Teile der Mandanten das als Vorwurf oder Eingeständnis mangelnder Bonität sehen. Auch davon raten wir ab.
  3. Konsequente Eskalationsstrategie. Fristen, Formulierungen und Vorgehensweisen werden intern definiert – und dann konsequent durchgezogen. Unsere Empfehlung für Steuerberater, die das Honorarmanagement im Haus behalten wollen.
  4. Klare Rollenverteilung. Steuerberater konzentrieren sich auf ihre Rolle als Berater, das Honorarmanagement wird ausgelagert – die Doppelfunktion hat damit ein Ende. Als Filmklischee ist diese Rollenverteilung als „good cop, bad cop“ bekannt.

Zur Eskalationsstrategie

Eine Blaupause mit idealen Fristen und Formulierungen können wir nicht skizzieren, weil sich Schwerpunkte, Mandantschaft und auch der „richtige“ Sprachgebrauch abhängig vom Standort unterscheiden können. Wessen Einzugsgebiet München-Grünwald umfasst und wer auf Privatmandanten spezialisiert ist, hat eine ganz andere Zusammensetzung als ein Steuerberater, der die Buchhaltung für Bauunternehmer in Brandenburg macht.
Unabhängig von diesen Unterschieden raten wir aber dazu, das Vorgehen in der Honorarabwicklung grundsätzlich zu definieren. Unbedingt sollte in den einzelnen Schritten aber auch ein freundliches, aber bestimmtes „Cheftelefonat“ sein, bevor die „Daumenschrauben“ angelegt werden.

Zur Rollenverteilung

Dass wir als Verrechnungsstelle den vierten Ansatz natürlich besonders gerne empfehlen, liegt auf der Hand. Um die Vorteile stichpunktartig zusammenzufassen: Grundsätzlich zahlen wir angekaufte Honorarrechnungen am nächsten Tag aus und der ganze Verwaltungsaufwand reduziert sich auf ein Minimum (insbesondere mit DATEV-Schnittstelle). Andere Steuerberater sehen ihre Vorteile dagegen in der planbaren Liquidität, die sie z.B. für Invesitionsvorhaben besser einsetzen können. Wir haben in zwei „Best-Practice“-Artikeln mit Beispielen aus unserem Kundenstamm skizziert, wie eine Entlastung durch die Verrechnungsstelle möglich ist oder wie die Übernahme einer zusätzlichen Kanzlei ohne Fremdkapital gestemmt werden kann.
Was auch immer die individuellen Gründe für eine Auslagerung des Honorarmanagements sind, ein Punkt bleibt immer identisch: Der tägliche Blick auf das Bankkonto entfällt ebenso wie der Aufwand des Hinterherlaufens, falls Zahlungen nicht eingehen. Damit bleibt der Steuerberater ausschließlich in der Rolle des Beraters und die Verrechnungsstelle geht sachlich-ruhig an die Honorarabwicklung ran.

Fazit

Im Kern haben wir das Fazit schon im Text versteckt, genauer: in der Aufzählung. Wenn Mandanten „toter Mann“ spielen, ist Laissez-faire auf keinen Fall zu empfehlen. Sollte es bislang noch nicht so weit gekommen sein, kann ein vorsorglich angelegter Leitfaden für eine konsequente Eskalationsstrategie nicht schaden. Fehlt dieser Leitfaden und (subjektiv) zu viele Mandanten nutzen alle Fristen oder überschreiten sie, muss sich unbedingt etwas ändern. Ob das jetzt eine interne Umstellung der Abläufe oder das Auslagern an einen Dienstleister ist, bleibt dann dem persönlichen Geschmack überlassen.