Urlaub: Die Freimenge für Spirituosen um 40% hebeln?

Für deutsche Urlaubsreisende innerhalb der EU spielt der Privatimport von Spirituosen üblicherweise keine Rolle. Aber wer beispielsweise Rum aus der Karibik einführen will, sollte sich an die kommunizierte Freimenge von 1,0 l halten – oder seinen Privatimport ordnungsgemäß verzollen. Es gibt aber noch einen legalen und kostenfreien Mittelweg.

Service des BMF: App für Smartphones

Von Ende Juni (u.a. Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland) bis Anfang September (Bayern und Baden-Württemberg) ziehen sich in Deutschland die Sommerferien. Für die Zollbeamten an den hiesigen Flughäfen bedeutet das Hochsaison – insbesondere bei der Rückkehr der Reisenden.
Wer sich selbst das Leben leicht machen will, studiert beispielsweise im Reiseführer, welche Waren aus dem Urlaubsland eingeführt werden dürfen und von welchen man besser die Finger lassen sollte. Wichtig sind dabei auch die Freigrenzen nach Wert (das günstige Oberklasse-Smartphone aus den USA liegt üblicherweise darüber…) oder Menge. Letzteres betrifft üblicherweise Spirituosen, Zigaretten und ähnliche Konsumgüter. Für Urlauber innerhalb der EU spielt das zumindest bei Spirituosen keine Rolle: Dafür ist a) die Freimenge mit 10 l für die meisten Anwendungsfälle ausreichend hoch und b) der Preis hierzulande im Regelfall attraktiver.
Wer es sich leicht machen will, lädt „Zoll und Reise“ auf sein Smartphone. In der App zeigt ein integrierter Freimengenrechner, was abgabenfrei nach Deutschland mitgebracht werden kann. Sparfüchse profitieren zudem davon, dass kein wertvoller Traffic verloren geht: „Zoll und Reise“ benötigt nach der Installation keine Internetverbindung.
Das Bundesfinanzministerium ist sich jedenfalls sicher:

„Mit Hilfe dieser App sind Sie über alle Zoll-verwandten Zweifel erhaben und können unbesorgt die Heimreise antreten.“

Der Profi verlässt sich auf eigene Recherchen

Deutlich umfangreicher, was irgendwie in der Natur der Sache liegt, ist die Website. In unserem Fallbeispiel „Mehr als 1,0 l Rum aus der Karibik“ lautet die erste Anlaufstelle zoll.de > Privatpersonen > Reisen > Rückkehr aus einem Nicht-EU-Staat > Zoll und Steuern > Reisefreimengen.
Von dort aus führt ein Link auf die Unterseite > Überschreiten der Reisefreimengen. Dort wird der Leser über die Vereinfachte Abgabenberechnung, die Abgabenberechnung nach dem Zolltarif und die Abgabenerhebung aufgeklärt. Die für diesen Blogbeitrag wichtigste Passage findet sich ganz am Schluss:

„Einfuhrabgaben von weniger als 3 Euro werden nicht erhoben.“

Anschließend geht es im Text wieder etwas zurück zum Punkt Vereinfachte Abgabenberechnung, wo ein weiterführender Link die pauschalierten Abgabensätze für bestimmte Waren aufschlüsselt.
Uns interessiert hier die Zeile zusammengesetzte alkoholhaltige Zubereitungen sowie Branntwein, Likör und andere Spirituosen der Unterpositionen 2208 2012 bis 2208 9078 des Zolltarifs und dort insbesondere – weil es für den Rechenbeispiel keinen Unterschied macht – der Satz von 6,80 Euro je Liter für nichtpräferenzberechtigte Waren. (Mit 0,20 EUR Rabatt wäre auf Kuba hergestellter und dort gekaufter Rum präferenzberechtigt.)
 

2 x 0,7 l = 1,4 l = 0,4 l über der Freimenge * 6,80 EUR Pauschalierter Abgabensatz = 2,72 EUR < 3 EUR

Einwand und Empfehlung

Wer an dieser Stelle – mit Verweis auf die oben bereits verlinkte Unterseite „Reisefreimengen“ – den berechtigten Einwand erhebt, dass es an einer Stelle

Ist bei nicht teilbaren Waren (z.B. eine Lederjacke oder ein Schmuckstück) die Reisefreimenge überschritten, so werden die Einfuhrabgaben auf den Gesamtwert der Ware und nicht nur auf den die Freigrenze übersteigenden Wertanteil erhoben.

heißt und eine Flasche nicht teilbar ist,… Für den haben wir eine konkrete Empfehlung mit drei Auswahlmöglichkeiten:

  1. auf Nummer sicher gehen und nur eine 0,7-l-Flasche oder nur eine 1,0-l-Flaschen oder eine 0,7-l-Flasche plus ganz viele Miniaturen á 0,02 l bzw. 0,05 l kaufen,
  2. Risiko spielen, ggf. beim Zoll dem Zöllner die oben aufgeschlüsselte Rechnung darlegen und anschließend auf die eigene Überzeugungskraft oder das allgemeine Desinteresse für einen „kleinen Fisch“ hoffen,
  3. zuvor bei einem auf (Zoll-)Abgaben spezialisierten Freiberufler seines Vertrauens nachfragen, wie er die Sache sieht.

Man könnte aber auch, das wäre natürlich eine weitere Option, sich unter zoll.de > Auskünfte > Allgemeine Zollfragen direkt an die Quelle wenden.

Schlussworte

Unabhängig davon, für welche Lösung Sie sich entscheiden und ob Sie überhaupt in die Lage kommen, die Freimengen zu überschreiten: Wir freuen uns insbesondere von den mitlesenden Steuerberatern über Kommentare und wir wünschen allen Lesern des Blogs einen schönen Sommerurlaub!