Häufige Fragen: Zurückbehaltungsrecht richtig ausüben

Während des Mandats läuft die Zusammenarbeit reibungslos, aber nach Mandatsende hakt es auf einmal: Der Mandant will partout die erbrachte Leistung nicht bezahlen. Daraufhin erhöht der Steuerberater nach und nach den Druck. Die Zurückbehaltung von Unterlagen ist oft das letzte Mittel vor dem Rechtsweg – aber es birgt Risiken.

Zwei mögliche Druckmittel für Steuerberater

Solange eine Geschäftsbeziehung gut (aus-)läuft, spielt die Rechtslage keine Rolle. Aber wenn Gebührenforderungen offen sind und nicht beglichen werden, stellt sich die Frage nach passenden Druckmitteln.
Grundsätzlich bieten sich da die verschiedenen Bestandteile der Handakte an, darunter vom Auftraggeber übergebene Schriftstücke und jeglicher Schriftverkehr während des Mandats (inkl. Be- und Entscheide). Eine zweite Alternative sind noch nicht weitergeleitete eigene Arbeitsergebnisse wie erstellte Jahresabschlüsse und Bilanzen oder Sachkonten.

Eindeutige Rechtslage – praktisches Minenfeld

Dabei sind aber die Vorgaben durch BGB und StBerG zu beachten:

  • Der Steuerberater muss grundsätzlich die erhaltenen oder erlangten Unterlagen herausgeben. (§ 667 BGB)
  • Der Steuerberater (als Schuldner) darf eine geschuldete Leistung verweigern und hat ein Zurückbehaltungsrecht, sofern ein Anspruch noch fällig ist. (§ 273 Abs. 1 BGB)
  • Konkret kann er die Herausgabe der Handakte verweigern, soweit dies angemessen ist. (§ 66 Abs. 2 StBerG)

In der Theorie klingt das eindeutig und ziemlich einfach. In der Praxis ergibt sich daraus aber ein Minenfeld, auf dem ein Steuerberater leicht einen Schritt zum eigenen Nachteil gehen kann.
Unter der Prämisse, dass der Honoraranspruch berechtigt und auch fällig ist, lassen sich die Risiken minimieren, wenn vier Regeln beachtet werden.

Regel 1: Es gilt die Konnexität

Gerade bei breit angelegten Dauermandaten wandern zahlreiche Unterlagen über die Schreibtische der Kanzlei. Da liegt es geradezu auf der Hand, genau die Unterlagen zurück zu behalten, bei denen es den Mandanten am meisten schmerzt.
Wir können diesen Ansatz menschlich nachvollziehen, sachlich aber nicht empfehlen. Denn die Rechtslage ist eindeutig: Es dürfen nur die Unterlagen in der Kanzlei verbleiben, die mit dem jeweiligen Sachverhalt zusammenhängen. Das Zurückbehaltungsrecht verlangt die Konnexität, um die Gegenseite zu schützen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Wer sich an die Konnexität hält, hat vor Gericht zumindest hier keine offene Flanke.

Regel 2: Lohn fällt grundsätzlich heraus

Unabhängig davon, ob der Mandant beim Thema Lohn den berechtigten Ausgleich verweigert oder die Unterlagen ein Druckmittel sein sollen: Es ist ein absolutes No-go, hier die Hand draufzuhalten.
Die Begründung dafür ist relativ einfach: Hier sind die Mitarbeiter des jeweiligen Mandanten betroffen, aber die haben keinen Bezug zur strittigen Forderung. Wer trotzdem Unterlagen einbehält, wird vor Gericht scheitern – und sich gegebenenfalls schadenersatzpflichtig machen.

Regel 3: Fristverletzungen unbedingt vermeiden

Insbesondere börsennotierte Gesellschaften müssen zahlreiche Informationen mit vergleichsweise strengen, kurzen Fristen veröffentlichen. Bei anderen Unternehmen, gleich ob AG oder GmbH, sind die Fristen zwar im Regelfall großzügiger, aber dafür werden die notwendigen Arbeiten gerne nach hinten verschoben, so dass am Ende oft wieder Zeitdruck entsteht.
Da liegt es auf der Hand, relevante Unterlagen – beispielsweise für den Jahresabschluss – zu blockieren, so dass der Mandant eigentlich zur Kooperation gezwungen ist. Aber was passiert, wenn er trotzdem nicht einlenkt?
Dann verstreicht die erste Frist zur Abgabe und das Unternehmen kann unter Umständen noch eine Nachfrist erhalten – ohne Konsequenzen. Aber wenn die öffentliche Hand beim ersten Mal schon die Daumenschrauben anzieht oder die zweite Frist ohne Ergebnis verstreicht, sitzt der Steuerberater in der Patsche. Denn für jegliche negativen Konsequenzen – von Strafzahlungen bis Haftstrafen – wird der Mandant den Steuerberater haftbar machen.

Regel 4: Ausschlussmöglichkeiten im Blick haben

Darüber ergeben sich auch Sachverhalte, bei denen das Zurückbehaltungs- bzw. Leistungsverweigerungsrecht ausgeschlossen ist. Generell gilt dies beispielsweise für Ansprüche aus Treuhandverhältnissen.
Treuwidrig wäre es zudem, bei einer unverhältnismäßig geringen Forderung die ganze Leistung zurückzuhalten, oder wenn der Steuerberater für seinen Gegenanspruch ausreichend Sicherheiten besitzt (um nur zwei Beispiele zu nennen). Ähnlich sieht es aus, wenn eine Sicherheitsleistung beim Amtsgericht oder einer anderen vereinbarten Stelle hinterlegt wurde.
Sollte im Extremfall der Mandant in die Insolvenz gehen, besteht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls kein Recht auf die Zurückbehaltung mehr.

Zurückbehaltungsrecht bei der Verrechnungsstelle

Das Vorgesagte gilt grundsätzlich auch, wenn ein Steuerberater auf die StBVS Steuerberater Verrechnungsstelle setzt. Eine häufig gestellte Frage an dieser Stelle lautet: „Kann ich das Zurückbehaltungsrecht an den Unterlagen des Mandanten weiterhin ausüben, wenn die Forderung bereits abgetreten ist?“
Grundsätzlich erlischt dieses Recht, wenn die Forderung abgetreten wurde. Auch eine Übertragung des Zurückbehaltungsrechts auf uns ist nicht möglich. Wie so häufig, wenn Juristen im Spiel sind, lautet die korrekte Antwort aber: „Es kommt darauf an.“
Die Senate des Bundesgerichtshofs beurteilen die Rechtsfrage unterschiedlich. Allerdings besteht Einigkeit darin, dass eine Ermächtigung der Verrechnungsstelle vorliegen muss, wenn ein Steuerberater nach der Honorarabtretung die Forderung im eigenen Namen geltend machen möchte. Sollte bereits der Fall eingetreten sein, dass wir gegen einen säumigen Mandanten klagen müssen, kann eine solche Ermächtigung allerdings nicht mehr erteilt werden.

Fazit / Unsere Empfehlung

Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts birgt stets das Risiko, dass gesetzliche Fristen nicht eingehalten werden können. Resultiert daraus eine verspätete Abgabe, durch die (finanzielle) Schäden entstehen, kann ein Mandant Schadenersatz geltend machen. Um möglichen Schaden von der Kanzlei abzuwenden, sollten Sie daher unbedingt die vier vorgenannten Regeln beachten (und im Ernstfall rechtlichen Beistand einholen).
Setzen Sie beim Honorarmanagement teilweise oder ganz auf die StBVS, empfehlen wir den Verzicht auf das Zurückbehaltungsrecht, wenn Sie eine Forderung an uns abgetreten haben. Dies hat zwei Gründe: 1. Sie können sich in Ruhe auf Ihre Kernaufgaben als Steuerberater kümmern, statt ärgerliche Aufgaben im Honorarbereich zu steuern. 2. Unsere Kernkompetenz ist das Honorarmanagement in allen Facetten – und dazu gehören auch spezialisierte Anwälte, die routiniert Honorarprozesse führen.
 

rechtliche Mitarbeit: RAin Christina Jenißen
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Die rechtlichen Aspekte des vorstehenden Textes, der im Übrigen keine Rechtsberatung darstellt und auch nicht den konkreten Einzelfall abbildet, wurden von Rechtsanwältin Christina Jennißen überprüft.
Für die StBVS ist sie insbesondere auf Klagen rund um Honorare spezialisiert.