Änderungen der StBVV – in welche Richtung abbiegen?

Bislang war die Sache ziemlich einfach: Die StBVV gibt den Rahmen vor, die Gebühren sollten sich der Einfachheit halber am Mittelwert orientieren und nur wenn es Überschreitungen nach oben gibt, braucht es eine belastbare Vereinbarung. Dank einer Neujustierung des Gesetzgebers müssen sich neue Gewohnheiten einspielen. Wir haben uns angeschaut, was sich zum Guten geändert hat und wo Steuerberater neues Fingerspitzengefühl brauchen.

Ausgangspunkt EU-Kommission

Wie wenig Spaß die EU-Wettbewerbshüter verstehen, hat jetzt die Pharmaindustrie festgestellt: Die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente verstößt laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) gegen EU-Recht. Ins Visier sind auch die Steuerberater geraten, denn aus Sicht der EU-Kommission war die StBVV ein Instrument zur Fixierung eines verbindlichen Mindestpreises. Und das geht bei den Bürokraten in Brüssel ganz und gar nicht.
Mit der dritten Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen (am 22. Juli im Bundesgesetzblatt veröffentlicht) sind die hiesigen Steuerberater vergleichsweise glimpflich davongekommen: Es gibt nur moderate Änderungen anstatt einer komplett hinweggefegten StBVV. Wirklich relevant ist das Finetuning an § 4 StBVV.

Doppelte Chance: Unterschreitung der Gebühren

In der Verordnung wird eindeutig in §4 Abs. 3 StBVV nun eindeutig festgeschrieben, dass die StBVV in außergerichtlichen Angelegenheiten künftig auch unterschritten werden kann. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass die Gebührenunterschreitung in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, der Verantwortung und dem Haftungsrisiko des Steuerberaters stehen muss (§ 4 Abs. 3 Satz 2 StBVV).
Aus unserer Sicht ergibt sich daraus eine doppelte Chance: Der Steuerberater kann dem Mandanten freiwillig die geringeren Gebühren als „Zuckerl“ anbieten und so die Bindung festigen. Kommt alternativ die Anfrage vom Mandanten, kann der Steuerberater entweder dem Mandanten einen Verhandlungserfolg (und damit ein gutes Gefühl) geben oder ihm nachvollziehbar erklären, warum die Gebühren berechtigt sind.

Risiko: vernachlässigte Hinweispflicht

Die Frage ist jetzt: Wie sollte ein Mandant von seinem Recht erfahren, dass auch eine Unterschreitung der Gebühren möglich ist? Ein schlichter Aushang irgendwo in der Kanzlei oder ein PDF-Dokument auf der Website sind zu wenig. Wer sich über solche Schleichwege aus der Verantwortung stehlen will, begibt sich auf dünnes Eis.
Besser ist es, wenn der Hinweis dem Mandanten eindeutig zugegangen und auch optisch von anderem Textwerk abgehoben ist. Ob das nun über die allgemeinen Auftragsbedingungen geschieht, die schriftlichen Steuerberatungsverträge oder in einer Vollmacht ist unseres Erachtens eine Frage des Geschmacks bzw. der üblichen Herangehensweise der Kanzlei.
Grundsätzlich ist das Formerfordernis jedoch niedrig: Der Steuerberater hat den Mandanten in Textform darauf hinzuweisen, dass eine höhere oder niedrigere als die gesetzliche Vergütung in Textform vereinbart werden kann (§4 Abs. 4 StBVV).

Erleichterung: Textform für Vergütungsvereinbarungen

In diesem Punkt zeigt sich auch, dass der Gesetzgeber auch auf die Bedürfnisse der Praxis eingehen kann. Wo Vergütungsvereinbarungen bislang in Schriftform abgeschlossen werden mussten, also mit echter Unterschrift, ist nun auch die weniger strenge Textform erlaubt, also üblicherweise die E-Mail. Wichtig: Dies muss nachweislich vereinbart und nicht einseitig mitgeteilt sein.

Weitere Änderungen

Daneben hat sich in § 1 StBVV durch einen doppelten Inlandsbegriff eine Einschränkung ergeben: Die StBVV gilt nur noch für Steuerberater bzw. Steuerberatungsgesellschaften, die ihren Sitz in Deutschland haben und für die im Inland ausgeübte  Tätigkeit. In der Praxis hatte die Mindestgebühr in Höhe von 10 Euro (bislang § 3 Abs. StBVV) keine wesentliche Bedeutung mehr. Vor dem Hintergrund der Haltung der EU-Kommission wurde diese Passage ersatzlos gestrichen. Außerdem wurde die Anlage 4 Tabelle D Teil a (Landwirtschaftliche Tabelle–Betriebsfläche) aktualisiert.

Fazit:

In der Praxis wird sich bei gewachsenen Mandantenbeziehungen unserer Einschätzung nach erst einmal wenig ändern, trotz Informations- und Transparenzpflicht. Ihr sollte aber unbedingt nachgekommen werden, um die eigene Position in späteren Honorarstreitigkeiten nicht zu schwächen. Dazu zählen im Ernstfall übrigens auch Insolvenzverwalter, die jeden kleinen Rettungsanker suchen, um noch etwas Geld zu bekommen. Die sonstigen Änderungen haben eher eine klarstellende Funktion ohne Auswirkungen auf die Praxis.
 

 rechtliche Mitarbeit: RAin Christina Jennißen
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Wie schon im Beitrag Zurückbehaltungsrecht hat bei diesem Text Rechtsanwältin Christina Jennißen die rechtlichen Aspekte überprüft. Für die StBVS ist sie insbesondere auf Klagen rund um Honorare spezialisiert.