Vor einem Jahr sah die Sache noch gut aus: Da war sich das Finanzgericht Köln sicher, dass Brauchtum und Zeitpunkt zwei ganz wichtige Elemente für den günstigen Steuersatz einer Karnevalsparty sind. Obwohl, so ganz sicher war sich das FG eigentlich nicht, schließlich wurde die Revision zum BFH zugelassen. Und dessen Urteil fiel anders aus…
Feierfreudige Jecken
Allein in Köln können feierfreudige Jecken aus rund 600 Veranstaltungen des Sitzungskarnevals und der Kostümbälle wählen, so die Stadt Köln. Und zwei Dinge tauchen in dieser Aufzählung noch gar nicht auf: 1. die zahlreichen Karnevalspartys im Vorfeld von Rosenmontag und 2. die Veranstaltungen aus dem Umland. Allein für das angrenzende Bergisch Gladbach listet die Website karneval-vereine.de über 20 Gesellschaften auf, die auch Veranstaltungen ausrichten können.
Eine davon, die populäre „Nacht der Nächte“, deren nächste Auflage am Samstag stattfindet (Link), war jetzt Thema im Bundesfinanzhof (BFH). Wie zu erwarten war, wurde dessen Urteil (AZ.: V R 53/15) gemischt aufgenommen – aber erst einmal der Sachverhalt.
BFH: Diese Party ist kein Brauchtum
Ausrichter der „Nacht der Nächte“ ist die Karnevalsgesellschaft (KG) Alt-Paffrath, gegründet 1976. Bis 2009 lief mit der Party alles gut, aber dann veranschlagte das zuständige Finanzamt den vollen Steuersatz. Begründung: Es handele sich um eine Musik- und Tanzveranstaltung, die allgemeine Unterhaltung der Besucher stehe im Vordergrund – und das bedeute Geschäftsbetrieb mit 19 % Steuern.
Die Jecken wehrten sich, errangen vor dem Finanzgericht Köln einen Sieg, mussten aufgrund der zugelassenen Revision aber vor den Bundesfinanzhof. Und der bestätigte die Sichtweise des Finanzamts: 7% Umsatzsteuer gelten für traditionelle Veranstaltungen der Brauchtumspflege. Für die Kostümparty aber ist der Regelsatz von 19% anzuwenden, weil sie nicht traditionell genug sei:
Die „Nacht der Nächte“ hat in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen […] Erforderlich ist vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form geprägt wird. Hierfür reicht die Darbietung von Stimmungsmusik und Stimmungsbeiträgen ohne Bezug zum traditionellen Karneval, die der Veranstaltung das Gepräge im Sinne einer Kostümparty geben, nicht aus. Derartige Veranstaltungsbeiträge haben aber bei der „Nacht der Nächte“ in der im Streitjahr durchgeführten Form einen wesentlichen Anteil gehabt.
Desweiteren führte der BFH kritisch an, dass eine Kostümparty „während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern“ veranstaltet werden können und die Karnevalsgesellschaft im „Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen“ trete.
Unverständnis in Bergisch Gladbach
Weil die Bergisch Gladbacher Jecken alle juristischen Hebel in Gang gesetzt haben, hat die Party erst nach fast acht Jahren ihr endgültiges – uns aus Sicht des Vereins negatives – Ende gefunden. Das Unverständnis über die BFH-Entscheidung zeigt sich dabei sowohl bei Ulrich Hermanns, Präsident der KG Alt-Paffrath und im Berufsleben Steuerberater:
„Auf unseren Veranstaltungen werden tänzerische und musikalische Darbietungen karnevalistischer Art geboten, das Dreigestirn und die Prinzengarde mit Tanzmariechen kommen. Es werden Orden verliehen und Ehrungen vorgenommen. Alle Teilnehmer sind kostümiert. Alle diese Elemente gehören zur Kulturgeschichte des Rheinischen Karnevals und damit auch zum regionalen traditionellen karnevalistischen Brauchtum.“
…wie auch bei Josef Willnecker, Senatspräsident und stellvertretender 1. Bürgermeister der Stadt Bergisch Gladbach:
Wollten wir wirklich an allen alten Traditionen und Gebräuchen im Karneval festhalten, dann wäre z.B. den Frauen der Zutritt zu Karnevalssitzungen verwehrt, das Dreigestirn dürfte nicht singen und tanzen, es gäbe keine Karnevalsgesangsgruppen wie Höhner, Bläck Fööss etc.
Was die Paffrather Karnevalisten als schmalen Grat zwischen traditioneller Pflege des Brauchtums und zeitgemäßen Veranstaltungen vereinen wollten, hat der BFH nun eindeutig auseinander gerissen. Auf der einen Seite ist das positiv, weil nun für alle Beteiligten Klarheit herrscht. Auf der anderen Seite stehen nun die Karnevalsvereine vor der Herausforderung, wie sie ihren Zweckbetrieb finanzieren bzw. subventionieren. Mit dem Urteil ist das nicht leichter geworden.
Quelle der Zitate
- BFH: Urteil vom 7. Februar, AZ.: V R 53/15 (https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=en&nr=34230)
- Ulrich Hermann und Josef Willnecker: PM der KG Alt-Paffrath (www.kg-alt-paffrath.de)