Pauschalpreisvereinbarungen zwischen gewerblichen Mandanten und Steuerberatern werden immer beliebter – völlig zurecht, wie wir finden. Häufig wird vereinbart, dass die Pauschale angepasst wird, wenn das Kundenunternehmen wächst. Pauschalpreise müssen nach § 14 StBVV mindestens in Textform vereinbart werden – soweit, so klar. Das Formerfordernis gilt auch für spätere Preisanpassungen – soweit, so klar – dachte man. Bis das OLG Schleswig-Holstein entschieden hat, dass die Form der Anpassung ziemlich egal ist, solange die Anpassungsklausel hält:
Der Fall ist schnell geschildert: Im Jahr 2012 übernahm eine Steuerberatungsgesellschaft die Lohn- und Finanzbuchhaltung eines Unternehmens. Hinsichtlich des Honorars wurde (entsprechend der damaligen Rechtslage schriftlich) vereinbart: „Mit Wirkung vom 1. Januar 2012 berechnen wir für die laufenden Buchführungskosten für Ihr oben genanntes Unternehmen monatlich eine Buchführungs- und Lohnabrechnungspauschale in Höhe von 1.000,00 €. Hierbei sind wir von ca. 1.400 Buchungen im Monat und 19 Mitarbeitern ausgegangen und haben Gegenstandswerte zugrunde gelegt, wie sie sich aus dem uns mitgeteilten Geschäftsverlauf der Jahre 2010 und 2011 ergeben haben. Da der künftige Arbeitsumfang und der Geschäftsverlauf derzeit nicht absehbar ist, wird vereinbart, dass das Honorar im gegenseitigen Einvernehmen sachgerecht an den tatsächlichen Arbeitsaufwand unter Zugrundelegung der mittleren Gebühr nach der Steuerberatergebührenverordnung angepasst wird, sofern dies erforderlich ist.“
Tatsächlich wuchs und gedieh das Unternehmen, sodass es zweimal zu Gebührenanpassungen auf 1.400,- EUR bzw. 2.000,- EUR kam, die jeweils mündlich vereinbart wurden. Die erhöhten Gebühren wurden von der Mandantin ohne Beanstandungen bezahlt. Als die Steuerberatung im November 2016 die nächste Preisanpassung auf 3.250,- EUR verlangte geriet man in Streit, woraufhin der Vertrag zum Ende des Jahres 2016 beendet wurde. Nachdem man sich über die offenen Honorare für November und Dezember 2016 nicht einigen konnte, kam es zur Honorarklage.
Aber was soll man in dieser Situation einklagen? Die mündlich vereinbarten Gebührenerhöhungen waren – das ergibt ein einfacher Blick ins Gesetz (§ 14 StBVV) unwirksam. Mit der ursprünglich vereinbarten Pauschale mochte sich die Steuerberatung aber offensichtlich auch nicht zufriedengeben. Nach dem Motto: Nicht kleckern, sondern klotzen entschied sich die Steuerberatung für eine gesetzliche 2/10 (Mindest-)Gebühr – und zwar für das gesamte Jahr 2016 abzüglich der geleisteten Pauschalen. Unwirksam ist schließlich unwirksam und das bedeutet: gesetzliche Gebühren. Und die ergaben eben eine Klageforderung von immerhin 66.980,82 EUR.
Das Landgericht Lübeck hat der Klage der Steuerberaterkanzlei noch vollumfänglich stattgegeben. Nach der Umsatzentwicklung und dem Mitarbeiterzuwachs hätten die Voraussetzungen für eine Preisanpassung unbestreitbar vorgelegen. Nachdem eine Einigung nicht zustande gekommen ist, würden die gesetzlichen Gebühren anfallen – die mit der Klageforderung zutreffend berechnet seien. Dem stünde auch die Pauschalpreisvereinbarung nicht entgegen.
Das OLG sah das in der Berufungsinstanz nun ganz anders: Richtig habe das Landgericht gewertet, dass ein Anspruch der Steuerberatung auf Anpassung der Pauschale bestanden habe. Der Umstand, dass sich die Vertragsparteien nicht auf eine angepasste Pauschale haben einigen können führe aber nicht dazu, dass insgesamt die gesetzliche Vergütung geschuldet sei. Wegen der vorbehaltlosen Zahlungen bis einschließlich Oktober sei die Tätigkeit bis dorthin auch abgegolten – da rächt sich die Missachtung der Formvorschriften für den Steuerberater. Für die Monate November und Dezember (die den Streit erst ausgelöst haben) sei die Steuerberatung trotz der unwirksamen, mündlichen Preisanpassungen an die schriftliche und damit grundsätzlich wirksame Honorarvereinbarung gebunden. Daher müsse nun überprüft werden, in welcher Höhe die Pauschale „angemessen“ sei – gemessen an der wirksamen Vereinbarung. W
ir ersparen Ihnen an dieser Stelle die Details. Das Gericht ging davon aus, dass eine Pauschale von jeweils 3.250,- EUR für die Monate November und Dezember angemessen sei – also genau der Betrag, den die Steuerberatung von Anfang an verlangt hat. In der Konsequenz hat das Gericht der Steuerberatung also 7.735,00 EUR (brutto) zugesprochen – und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens dürften nach hiesiger Schätzung bis hierhin bei ca. 25.000,- EUR gelegen haben, von denen die Steuerberatung nach der Entscheidung des Gerichts 88% zu tragen hat. Das ergibt ein Minus von mehr als 14.000,- EUR. Dafür, dass die Steuerberatung den Preis angemessen angehoben hat, wirtschaftlich ein verstörendes Ergebnis.
Das sieht die Steuerberatung wohl genauso: Obwohl die Revision zum Bundesgerichtshof vom Oberlandesgericht nicht zugelassen wurde, ist das Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde nun vor dem BGH anhängig. Wir bleiben für Sie am Ball und berichten, ob es für den Steuerberater doch noch ein Happy End gibt.
Obwohl wir den Fall nur soweit kennen, wie er sich aus dem Urteil des Oberlandesgerichts ergibt sei angemerkt, dass wir beide Entscheidungen für verfehlt halten:
Richtig ist, dass die formunwirksamen Erhöhungen der Pauschalen jedenfalls dann bestand haben müssen, wenn der Mandant das Honorar an den Steuerberater bezahlt hat. Dieser Vertrauensschutz ist ständige Rechtsprechung. Insofern ist das Landgericht – das werden Steuerberater nicht gerne hören – mit der Abrechnung nach der StBVV für das ganze Jahr 2016 wohl über das Ziel hinausgeschossen. Allerdings gilt das nicht für die Monate November und Dezember 2016. Nachdem die Steuerberatung ein (nach den Feststellungen des OLG) angemessenes Erhöhungsverlangen gemacht hat und die Mandantin dieses abgelehnt hat, spricht aus unserer Sicht vieles dafür und nichts dagegen, dem Steuerberater die Mittelgebühr für seine unbestrittene und fehlerfreie Leistung zuzusprechen. Ausgehend von den Eckdaten aus dem Urteil wäre dies eine 7/10 Gebühr aus dem Wert 49.000.000,- EUR pro Monat, insgesamt also 49.202,62 EUR brutto, bei entsprechend geringerer Beteiligung an den Verfahrenskosten. Die Honorarvereinbarung und der Steuerberatervertrag sind nämlich grundsätzlich getrennt zu betrachten und bei der Buchführungsgebühr handelt es sich um eine Monatsgebühr. Die Honorarvereinbarung mit Ende Oktober mangels Einigung enden zu lassen und die beiden verbleibenden Monaten „gesetzlich“ abzurechnen scheint uns nicht nur rechtlich naheliegen, sondern auch im Gesamtergebnis ziemlich fair.
Wir sind gespannt, ob der Bundesgerichtshof noch korrigierend eingreift und ein gerechtes Ergebnis findet.